Griffwerk Raum + Architektur Tag

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Nachbericht | GRIFFWERK RAUM + ARCHITEKTUR TAG 2016 | am 20.10.2016 in Blaustein mit Abendveranstaltung in der Ulmer HfG | REFERENTEN: Dr. Jakob Bill (max, binia + jakob bill stiftung), Peter Ippolito (Ippolito Fleitz Group), Dr. Hildegard Kalthegener, Sven Matt und Markus Innauer (Innauer-Matt Architekten), Hannes Bäuerle (raumPROBE OHG Stuttgart)

Über aktuelle und zukünftige Raumperspektiven sprachen die Referenten am 20.10.2016 beim RAUM + ARCHITEKTUR TAG 2016, der von der GRIFFWERK GmbH in Kooperation mit dem Bund Deutscher Innenarchitekten BDIA e.V. konzipiert wurde. Mehr als 150 Raumschaffende unterschiedlichster Disziplinen aus Architektur, Innenarchitektur, Stadtplanung, Wohnbau, Innenausbau sowie Handwerk, Kunst und Kultur kamen dafür nach Ulm und Blaustein. Ziel war es, zukunftsprägende Tendenzen zur architektonischen Gestaltung von Räumen zu spiegeln und zugleich den interdisziplinären Dialog zu ermöglichen.
Das Programm teilte sich in die „Nachmittags-Vorträge“ bei der GRIFFWERK GmbH in Blaustein und die Abendveranstaltung an der geschichtsträchtigen Ulmer Hochschule für Gestaltung (Ulmer HfG). Ausstellungen zu innovativen Materialien und Raumprojekten des aktuellen Handbuchs deutscher Innenarchitekten 2016/17 ergänzten die Vorträge.
Claudia Schütz (Vize-Präsidentin des Bundes Deutscher Innenarchitekten e.V.) eröffnete die Veranstaltung. Es folgten vier Fachvorträge zu den Themen Raumelemente (z.B. Farben und Materialien) und über den gebauten Raum.

DR. HILDEGARD KALTHEGENER: VERZICHT AUF FARBE IST VERSCHENKTES POTENZIAL

Nach einem Einstieg über etablierte Farbtheorien von Le Corbusier bis Johannes Itten und Josef Albers zeigte die renommierte Farbexpertin anhand konkreter Beispiele, wie Raumwirkung farblich gesteuert wird und Kontraste lenkend beeinflussen können.

Dem Einsatz von Farbe sprach die Referentin u.a. ökonomische Relevanz zu und stellte dies anhand visueller Referenzen anschaulich dar. Sie zeigte auf, dass nicht nur in der Corporate Architecture, die Raum als erweitertes Markenelement begreift, der Verzicht auf Farbe eine verschenkte Chance ist. Architekturbegleitende Farbigkeit überzeuge weniger durch plakative Farbflächen, sondern viel eher durch clever gewählte Tonalität. Jede Entscheidung für ein bestimmtes Material sei gleichzeitig eine farbliche Aussage, die durch die Wahl des Lichtes unterstrichen oder kontrastiert werden könne, je nachdem, was die jeweilige Raumwirkung gerade erfordere. Auch zum Thema „Glas im Innenraum“ nahm Dr. Hildegard Kalthegener Bezug: Unbuntes Material, wie z.B. perfekt neutrales Weißglas, füge sich störungsfrei in Räume ein, während Grünglas kühl wirke, Licht schlucke und die Wahrnehmung eines Farbklangs im anspruchsvollen Interieur empfindlich stören könne.

Auf eine vereinfachende, allgemeine Erfolgsprognose zu kommenden Farbtrends ließ sich die Farbdesignerin nicht ein, da die Lebensdauer von Materialien in Architektur und Interieur zu unterschiedlich sei. Vielmehr verglich und reflektierte sie Vorhersagen verschiedenster Couleur und appellierte zum gezielten Einsatz eines identitätsstiftenden Farbdesigns.

HANNES BÄUERLE (raumPROBE OHG STUTTGART): MATERIAL BEGEISTERT!

Unsichtbar versiegelte Holzböden oder dünner Kork mit textiler Anmutung, spaltraue Oberflächen, geflochtene Furniere, Fruchtholzplatten, gepresstes Laub oder eine Trittschalldämmung aus Bierfilz waren nur einige der innovativen Materialien, die Hannes Bäuerle, Mitbegründer der Materialagentur raumProbe OHG aus Stuttgart, porträtierte. Hannes Bäuerle darf als wahrer Materialguru bezeichnet werden, der seine Passion für Materialien zur Berufung gemacht hat und Deutschlands umfangreichste Agentur für Architekturmaterialien gründete. Da Material vor allem praktisch erfahrbar ist, konnten die im Vortrag vorgestellten Innovationen später im Rahmen der Abendveranstaltung befühlt, getestet und „begreifbar“ erlebt werden. Hannes Bäuerle sprach von einem „Streichelzoo für Architekten“. Die am RAUM + ARCHITEKTUR TAG 2016 vorgestellte Auswahl gab einen Einblick in die Innovationen, die mit dem von der Materialagentur raumPROBE OHG ausgelobten Materialpreis 2016 ausgezeichnet worden waren. Der Schwerpunkt lag dabei auf Holzmaterialien.

SVEN MATT UND MARKUS INNAUER (INNAUER-MATT ARCHITEKTEN): ZWISCHENDRIN

„Architektur muss sich nicht jeden Montag neu erfinden“ – das ist der Standpunkt der Architekten Sven Matt und Markus Innauer aus Vorarlberg. Der Entstehungsprozess steht für beide im Spannungsfeld zwischen Autarkie und Kontext, Sorgsamkeit und Gelassenheit, Pragmatismus und Leidenschaft sowie dem Irgendwo und Dazwischen. Balance finde das Ganze im „Zwischendrin“, so auch der Titel des Vortrages.

Eine stabile, in sich ruhende und zeitlose Balance wohnte den vorgestellten Raum-Projekten tatsächlich inne: Dem persönlichen Bezug späterer Nutzer zum erbauten Raum sprach man einen hohen Wert zu. Beispielsweise nutzte man die Möglichkeit, ein Privathaus mit dem Holz des eigenen Waldes zu bauen oder eine Kapelle gemeinsam mit den Auftraggebern zu errichten. Der Genius Loci (Geist des Ortes) war immer spürbar. Dies ist ein von den Architekten sehr bewusst gewählter Kontext, ein Lebens- und Arbeitsort, der eben diese Raumarchitektur ermöglicht und auch die Freiheit zulässt, Projekten Zeit zu geben.

PETER IPPOLITO (IPPOLITO FLEITZ GROUP): ARCHITEKTEN DER IDENTITÄT

Peter Ippolito ist Mitbegründer und Geschäftsführer der Ippolito Fleitz Group aus Stuttgart, die sich als multidisziplinäre Designstudios aus Architekten, Innenarchitekten, Produkt- und Kommunikationsdesignern definieren und als Architekten der Identität verstehen. Er sprach über Herausforderungen bisher realisierter Raum-Projekte, von der neuen Kantine des Spiegel-Verlages bis zur Dimension eines Staatspalastes. Von mehr als neunzig Projekten war die Rede, die gleichzeitig im Unternehmen mit internationalen Dependancen bearbeitet werden.

Alles Gezeigte spiegelte Raumzweck, Intention und Identität der Auftraggeber. Im Resultat sahen die Teilnehmer einerseits spektakuläre und dennoch radikal zweckdienliche Raumerlebnisse. Peter Ippolito sprach von klaren Prinzipien, wie dem respektvollen Abstand zum historischen Bestand. Technik wünschte man sich unsichtbar. Raumflächen wurden inszeniert. Insbesondere die Decke ist für Peter Ippolito „eine verschenkte Fläche der Moderne“. So entstanden Räume, an die man sich erinnert, denn darin unterscheiden sich, so Peter Ippolito, Räume grundsätzlich: „Nur wenige werden erinnert“.

DR. JAKOB BILL (max, binia + jakob bill stiftung): MAX BILL

Gegen Abend trafen sich die Gäste im ehemaligen, großen Hörsaal der Ulmer HfG. In den sanierten Räumen der legendären Ulmer Hochschule für Gestaltung wurde in den 50er-Jahren Designgeschichte geschrieben. Dr. Jakob Bill gewährte an diesem Abend einen einzigartigen Blick auf das Leben und Werk seines Vaters Max Bill, der seinerzeit Architekt und erster Gründungsrektor der Hochschule war. Der Vortrag zeigt zahlreiche Facetten der Persönlichkeit Max Bills und vermittelte Eindrücke in sein Werk als Maler, Messebauer, Gestalter und Architekt.

Die lizenzierte und von GRIFFWERK aufgelegte Reedition des ULMER GRIFFS war im Anschluss an den Vortrag zu sehen. Danach konnten die interessierten Gäste ihr Wissen zur Ulmer Hochschule für Gestaltung in der Dauerausstellung des Stiftungsarchivs vertiefen, oder den Abend mit Kulinarik und guten Weinen am legendären, studentischen Wellentresen ausklingen lassen.

Der GRIFFWERK RAUM + ARCHITEKTUR TAG 2016 stellte den Raum als „Rohstoff“ der Architektur nicht ohne Grund ins Zentrum der Betrachtungen. „Wir beschäftigen uns bei GRIFFWERK letztendlich mit Räumen, noch genauer gesagt mit Raumgrenzen, denn unsere Produkte, wie Türbeschläge und Glastüren, definieren Raumübergänge“, so die Organisatorin Elke Hagmann, verantwortlich für Marke und Kommunikation bei der GRIFFWERK GmbH. „Bei der Veranstaltung ging es uns um den offenen, interdisziplinären Dialog zum Thema „Raum“ und um das implizite Erspüren zukunftsprägender Tendenzen“, so fügte sie hinzu, und betonte in diesem Zusammenhang insbesondere die wertvolle Zusammenarbeit mit dem BDIA e.V. (Bund deutscher Innenarchitekten e.V.). Claudia Schütz, Vizepräsidentin des BDIAs ergänzte: „Raumschaffende Professionen wie Architekten und Innenarchitekten, aber auch Handwerker, Produkt- und Materialdesigner realisieren und entwickeln Raumideen in enger Zusammenarbeit mit den Auftraggebern. Ich denke, dass gerade im Dialog der unterschiedlichen Disziplinen und Perspektiven bisher und künftig herausragende Qualität gelang und gelingen wird.“

Der GRIFFWERK RAUM + ARCHITEKTUR TAG fand 2016 erstmals in Blaustein und Ulm statt.

Auch Dr. Bill hielt einen Vortrag auf dem Griffwerk Architektur Tag
Der Griffwerk Architektr Tag bot den Gästen die Gelegenheit sich im Showroom der Griffwerk GmbH umzusehen.
Frau Kalthegener auf dem Griffwerk Architektur Tag